Jules, was sind die gängigsten Vorurteile, mit denen Menschen mit mehr Gewicht im (Berufs-)Alltag konfrontiert werden?

„Dicke Menschen sind faul, undiszipliniert, selbst schuld, nicht liebenswürdig…“ – die Liste der Vorurteile gegenüber Menschen mit mehr Gewicht ist endlos lang. Es beginnt da, wo Freunde oder Verwandte sagen, dass sie sich „fett fühlen“ und endet beim Arzt oder der Ärztin, die einen nicht ernst nehmen und angemessen behandeln.

„Fett“ ist kein Gefühl. „Dick“ und „fett“ sind „bescheidene” Worte, so wie „groß“ und „klein“, „dick“ oder „dünn“. Wie fettfeindlich unsere Gesellschaft unbewusst sozialisiert ist, sehen wir daran, dass die Worte „dick“ und „fett“ als eine Art Waffe genutzt werden. Das muss ein Ende haben.

Wie hast du es selbst geschafft, trotz der Konfrontation mit solchen Vorurteilen und Beleidigungen, ein gesundes Selbstbewusstsein zu entwickeln?

Mein Selbstbewusstsein und auch Selbstliebe habe ich mir unabhängig von der Kleidergröße aufgebaut. Mir hat es geholfen, zu wissen, dass selbst mit „Idealgewicht“ (leider aufgrund einer Essstörung erlangt) die Einstellung zu mir selbst und meinem Körper kein bisschen anders ist. Diesen Irrglauben hatte ich viele Jahre. Das Selbstbewusstsein aufzubauen, ist ein stetiger Prozess. Es geht mit sehr viel Selbstreflektion, besonders der eigenen Sprache mit sich selbst, und tief verankerten Glaubenssätzen einher.

Was können Unternehmen tun, um Vorurteilen entgegenzutreten und daraus entstehende Nachteile auch für eigene Mitarbeiter:innen zu verhindern?

Unternehmen können ihren Mitarbeiter:innen Seminare gegen Vorurteile (z.B. Fettfeindlichkeit) anbieten und zum Umdenken anregen. Selbstreflektion ist bei diesem Prozess sehr wichtig und das Verständnis, dass es sich bei Diskriminierungsthemen um strukturelle Ebenen handelt. Bedient man sich unbewusst diskriminierender Sprache und reproduziert dadurch immer wieder ähnliche Bilder und Vorurteile?

Wichtig ist es auch, Betroffenen zuzuhören und diese Themen nicht ausschließlich aus der eigenen Perspektive zu bewerten. Nicht die außenstehende Person entscheidet, ob es sich um Diskriminierung handelt, sondern die betroffene Person.

Werden Menschen „marginalisierter Gruppen“ gleichwertig bezahlt? Gibt es Diversität in Teams? Werden Themen, wie z.B. Plus Size, vielleicht auch von kurvigen Menschen selbst verfasst oder immer nur aus der Perspektive schlanker Personen und wenn ja, woran liegt das?

Es ist wichtig, sich diese und viele andere Fragen zu stellen, um für diverse (Seh-)Gewohnheiten zu sorgen.

Foto: Patricia Aliena