Die wenigsten Menschen können sich vorstellen, was man als Circulation Manager Newstrade macht...
Also: Was könnte es sein?

Wir reden über: Vertrieb! Und da habe ich doch gleich einen schlauen Satz parat, den ich mal gelesen habe und der angeblich alles zusammenfasst: Der Vertrieb ist dafür zuständig, den organisatorischen Rahmen zur Verfügung zu stellen, so dass Magazine optimal am Markt erhältlich sind...

Das klingt ein wenig kompliziert...
Ja, ja, Vertrieb ist schon etwas Spezielles... (Lacht) In erster Linie geht es um möglichst effektive und kreative Wege, unsere Magazine am Kiosk, am sogenannten point of sale, vom Konkurrenzumfeld abzuheben. Unser Job ist es, zu kalkulieren, wie viele Hefte gedruckt und wie sie optimal im Markt verteilt werden. Dazu stehen wir in engem Kontakt mit den Pressegrossisten. Das sind sozusagen die Mittler zwischen Verlag und Einzelhandel – Zwischenhändler, wenn man so möchte. Wir sprechen mit den Grossisten darüber, in welchen Regionen und Verkaufsstellen wir vertreten sein wollen. Und wir analysieren jede einzelne Ausgabe und kalkulieren die Druckauflagen der kommenden Hefte – alles in allem ein ziemlich vielschichtiger Bereich.

Ist das eine schwierige Aufgabe?
Einerseits ja, weil es wahnsinnig viele Magazine auf dem Markt gibt. Andererseits heben sich unsere Produkte qualitativ vom Großteil unserer Konkurrenten ab.

Und du bestimmst auch, ob Hefte als Bordexemplare in Flugzeugen oder Hotels ausliegen...
Ja, das gehört auch dazu. Wobei wir das bei Condé Nast nur sehr gezielt einsetzen. Wir achten zum Beispiel sehr darauf, dass wir keine großen Remittenden-Mengen generieren.

Remittenden sind die nicht verkauften Exemplare, die vom Einzelhändler an den Verlag zurückgeschickt werden, richtig?
Genau. Wir wollen unsere hochwertigen Hefte ja auf keinen Fall verramschen, indem sie überall umsonst herumliegen – das passt nicht zum Anspruch des Hauses. Zum Glück sieht man das beim Händler genauso.

Inwiefern?
Die Grossisten und Händler wissen, dass es sich bei den Titeln des Condé Nast Verlags ausschließlich um hochwertige Produkte handelt. Da passiert es fast nie, dass wir am Kiosk in den Regalen falsch platziert werden.

Auch für die Chefredakteure des Verlages bist du ein wichtiger Gesprächspartner, hörte ich...
Ja, das ist richtig. (Lacht) Wir kalkulieren nicht nur eine aktuelle Druckauflage, sondern machen auch Hochrechnungen für den aktuellen Einzelverkauf: Wie stehen unsere Titel im Markt? Klar, dass da der eine oder andere Chefredakteur schon mal bei uns anruft und wissen will, was sein Heft gerade am Kiosk macht...

Nun verstehe ich, was du machst – aber wie kommt man denn dazu?
In meinem Fall ist das lustig und durchaus ungewöhnlich. Als ich 19 war, hatte ich immer eine VOGUE in der Tasche, habe sogar die Anzeigen darin ausgeschnitten, die ich besonders schön fand... Es lag also nahe, dass ich eine Schneiderlehre gemacht habe...

Im Ernst?
Ja, durchaus. Ich bin gelernte Schneiderin. Ich habe aber auch noch eine kaufmännische Ausbildung.

Trotzdem nicht ganz naheliegend, diese Karriere...
Stimmt. Ich habe eher zufällig bei einem Pressegrossisten im Vertrieb angefangen. Zehn Jahre habe ich das gemacht, bis ich dann vom Condé Nast Verlag ein Angebot erhielt. Hier wurde gerade eine Stelle frei. Und da ich beim Grossisten schon für die VOGUE zuständig war, passte das perfekt. Ich kenne mich in der Branche aus, man könnte sagen: Jetzt bin ich da, wo ich sowieso schon immer hinwollte. Anzeigen schneide ich heute aber keine mehr aus...

Du bist ja schon seit 2008 bei Condé Nast. Hat sich die Arbeit im Vertrieb im Laufe der Zeit denn wesentlich verändert?
Ja, auf jeden Fall. Meine Arbeit ist heute viel komplexer. Im Laufe der Jahre ist die Zusammenarbeit mit den Sales-, Marketing und Redaktionsteams immer wichtiger geworden. Ich würde sogar sagen, der klassische Vertrieb ist heute eine Kombination aus Vertrieb, Marketing am point of sale und Direktmarketing. Vor allem wenn wir die Hefte mit Extras ausstatten, erfordert das eine genaue Planung der Auslieferung, Platzierung im Handel und ein gezieltes Marketing. Ich finde das super, dass macht die Vertriebsarbeit noch viel spannender.

Die Preisfrage für potenzielle Interessenten: Was muss man in deinem Job können, welche Fähigkeiten mitbringen?
Ein gutes Zahlenverständnis wäre eine Voraussetzung. Dann Flexibilität, man muss im Vertrieb spontan auf Entwicklungen reagieren können. Wobei man sich auch darüber im Klaren sein sollte, dass wir über sehr strukturiertes Arbeiten sprechen – Routine gehört dazu. Wer sich in diesem Beruf nicht perfekt organisiert, hat es schwer.